Beschlussvorlage - 2021/06

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Beratungsfolge

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Beschlussvorschlag

Die im Sachverhalt näher beschriebene Resolution wird als Grundlage des zukünftigen Handels bei städtischen Planungen beschlossen.

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Sachverhalt

Die SPD-Stadtratsfraktion hat am 23.02.2021 den als Anlage beigefügten Antrag und die Stadtratsfraktion Bündnis 90/Die Grünen am 14.03.2021 den ebenfalls als Anlage beigefügten Antrag in gleicher Angelegenheit vorgelegt.

Die Verwaltung wurde in der Sitzung des Ausschusses für Klima, Umwelt, Stadt- und Stadtteilentwicklung am 23. März 2021 beauftragt, die Ansätze im Antrag der SPD weiter auszuformulieren und in eine Vorlage zu überführen, die vom Stadtrat als Grundlage des zukünftigen Handels beschlossen werden kann.

Ausschussmitglied Borger hat in gleicher Sitzung darauf hingewiesen, dass der Antrag der Fraktion „Bündnis 90/Die Grünen“ lediglich eine Ergänzung hierzu darstelle und gebeten, den Antrag in die weitere Beratung zu diesem Punkt einzubinden.

 

Als Ergebnis der Beratungen im Ausschuss am 23. März 2021 und am 01. Juni 2021 schlägt die Verwaltung vor, folgende Resolution als Grundlage des zukünftigen Handels bei städtischen Planungen zu beschließen:

 

Resolution

 

Kreisstadt Merzig stärkt den „bezahlbaren Mietwohnungsmarkt“

 

Neben dem Klimaschutz stellt das Thema „bezahlbarer Wohnraum“ zurzeit eine zentrale, gesellschaftliche Herausforderung dar.

In der Kreisstadt Merzig sind in den vergangenen Jahren eine Vielzahl an Einfamilienhäusern und neue Miet- und Eigentumswohnungen entstanden. Der überwiegende Teil davon in der Kernstadt; einige aber auch in den größeren Stadtteilen.

Damit hat der private Immobilienmarkt trotz leicht zurückgehenden Bevölkerungszahlen auf die weiterhin stabile Nachfrage reagiert; nicht zuletzt auch aufgrund des zunehmenden Drucks auf den Wohnungsmarkt durch Bürgerinnen und Bürger, die ihren Arbeitsplatz jenseits der Grenze, vor allem in Luxemburg haben. Durch den Ausbau der A8 hat sich dieser Trend verstärkt.

Parallel hat die demografische Entwicklung zu einer Umschichtung im Wohnungsmarkt geführt. Vermehrt werden (oft recht große) Einfamilienhäuser in den Neubaugebieten der 70er und 80er Jahre veräußert, weil die Bewohner nach dem Auszug der Kinder von den großen Eigenheimen mit teils mehr als 200qm ihren Lebensmittelpunkt in eine kleinere Eigentumswohnung bzw. gut ausgestattete und barrierefreie Mietwohnung in der Innenstadt verlagern möchten. Die „alten“ Neubaugebiete erleben dadurch einen Generationenwechsel.

Diese vorgenannte Nachfrage hat der private Wohnungsmarkt in den vergangenen Jahren durch Neubauprojekte und durch Sanierungsmaßnahmen im Bestand bedienen können. Das Mietniveau dieser Wohnungen liegt allerdings (nicht zuletzt aufgrund der Lage und Ausstattung der Wohnungen) teils deutlich über den Preisen, die Geringverdiener und Familien auf- bringen können. Die überwiegende Anzahl an privaten Miet- und Eigentumswohnungen wurden im mittleren und höheren Preissegment geschaffen.

Hierdurch zeichnet sich in Teilbereichen der Kreisstadt Merzig eine soziale Schieflage in der Einwohnerstruktur ab.

 

Parallel ist eine Nachfrage in den ländlichen Stadtteilen nach Mietwohnungen für junge Menschen bzw. junge Paare auszumachen, die das Elternhaus verlassen, aber gleichzeitig in ihrem Stadtteil bleiben möchten. Hier fehlt es oftmals an passenden Angeboten, insbesondere hinsichtlich Wohnungszuschnitt (WG-taugliche Wohnungen), Wohnungsgrößen (Single und Paarwohnungen) und Mietpreis.

 

Diesen Trends, die der private Markt aus wirtschaftlichen Gründen und in Eigeninitiative nicht entscheidend ändern wird, muss die Kommune zukünftig verstärkt mit eigenen Entwicklungen, Konzepten, aber auch verbindlichen Vorgaben für private Investoren entgegentreten.

 

Neben der Unterstützung privater Wohnungsbauvorhaben zum Sozialen Wohnungsbau auf freiwilliger Basis möchte die Kreisstadt daher nun ein Zeichen setzen, um dem Thema mehr Gewicht zu verleihen.

Vor diesem Hintergrund setzt sich die Kreisstadt Merzig nun das Ziel, neuen Wohnraum insbesondere für Haushalte mit geringem Einkommen zu schaffen, die sich auf dem freien Wohnungsmarkt von allein nicht angemessen mit Wohnraum versorgen können.

 

Es muss also im Bereich des Mietwohnungsmarktes gemeinsames Ziel sein:

-          mehr Angebote für Geringverdiener und Familien,

-          mehr Angebote in den ländlichen Stadtteilen; insbesondere für junge Menschen/Paare,

-          eine soziale Durchmischung von Neubaugebieten; d.h. nicht nur der klassische Ein- und Zweifamilienbau, sondern auch Mehrparteienhäuser mit Mietwohnungen sowie Gebäude des sozialen Wohnungsbaus zu schaffen.

 

Hierzu sollen insbesondere fünf Steuerungsinstrumente zum Einsatz kommen:

 

  1. Eigeninitiativen der Kreisstadt Merzig und ihrer Wohnungsbaugesellschaft:

Im Bereich des sozialen Wohnungsbaus hat die Kreisstadt Merzig bereits durch die städtische Wohnbaugesellschaft in 2017/18 zwei neue Wohngebäude errichtet. Bei einer Gesamtinvestition von rund 2,2 Millionen Euro, die auch aus Mitteln des Ministeriums für Inneres, Bauen und Sport gefördert wurde, sind dadurch insgesamt 18 neue Wohneinheiten in Ballern und in Merzig entstanden.

Über die Wohnungsbaugesellschaft soll weiterer Wohnraum neu geschaffen werden. In einem ersten Schritt wird ein größerer, maroder Gebäudekomplex in der Schalthaussiedlung abgebrochen und durch einen Neubau ersetzt werden.

Der Abriss ist für 2021 vorgesehen, Fördermittel werden beantragt. Der Gebäudekomplex ist bereits leerstehend.

Ein Neubau kann in den folgenden Jahren erfolgen und soll auch hinsichtlich energetischer Ausstattung und Bauweise zur Aufwertung des Quartiers beitragen.

Hierbei sind neben der wirtschaftlichen Betrachtung auch Aspekte des Klima- und Umweltschutzes in die architektonische und haustechnische Gebäudeplanung einzubeziehen. Die Durchführung von Architektenwettbewerben soll je nach Projektstruktur geprüft werden.

 

  1. Quote bei größeren Neubauvorhaben privater Investoren:

Bei größeren Neubauvorhaben privater Investoren im Bereich des Miet- und Eigentumswohnungsbaus soll der soziale Wohnungsbau in der Bauleitplanung der Kreisstadt Merzig verankert werden.

Denkbar wäre dabei die Festlegung von bestimmten Quoten bei Neubauvorhaben. So könnte beispielsweise bei Neubauvorhaben von privaten Investoren ab einer Größe von mindestens 10 Wohneinheiten eine verbindliche Ausweisung von Wohnungen mittels einer festen Quote festgelegt werden, die für mindestens 20 Jahre zu dem offiziellen Mietsatz für den sozialen Wohnraum vorgehalten werden. In Merzig scheint eine Quote von 10% sinnvoll und angemessen zu sein. Dabei kann auf Erfahrungswerte anderer, in der Regel größerer Kommunen zurückgegriffen werden.

Private Investoren können ggf. auf Fördermöglichkeiten des Landes zurückgreifen.

Diese Quote kann aber nur über eine verbindliche Bauleitplanung, sprich Bebauungsplan, festgesetzt werden. Dies bedeutet, dass in Gebieten, in denen kein Bebauungsplan vorliegt, grundsätzlich bei Neubauvorhaben ab der relevanten Größe ein Vorhabenbezogener Bebauungsplan zwingend gefordert werden muss. In Ausnahmesituationen müssen die städtischen Gremien die Aufstellung eines Bebauungsplans mit paralleler Veränderungssperre beschließen.

In Gebieten, in denen bereits ein Bebauungsplan besteht und entsprechende Entwicklungen absehbar sind, muss eine Teiländerung der Bebauungspläne angegangen werden. Hier sind insbesondere die Bebauungspläne „Innenstadt Süd“ und „Innenstadt Nord“ in der Kernstadt zu nennen.

 

  1. Quote bei Ausweisungen von Neubaugebieten:

Grundsätzlich und unabhängig von der Thematik zur Stärkung des „bezahlbaren Mietwohnungsmarktes“ sollte in der Kreisstadt Merzig die Maxime „Innen- vor Außenentwicklung“ gelten und die Neuausweisung von Neubaugebieten auf ein notwendiges Minimum beschränkt werden. Hierzu beschließt der Stadtrat im zwei- bis dreijährigen Turnus einen Strategieplan, der die Entwicklung der Neubaugebiete für die kommenden 15 bis 20 Jahre definiert.

 

Neben einer unter Punkt 2 erläuterten Quote für den privaten Miet- und Eigentumswohnungsbau könnte eine „selbstverpflichtende“ Quote im Rahmen von Bebauungsplan-Verfahren bei der Erschließung von Neubaugebieten eingeführt werden. Dabei könnte die Quote in etwa so aussehen, dass ab einer Größe von 15 Grundstücken eines mit einem Mehrparteienhaus, welches aus mindestens vier Wohneinheiten besteht, für den sozialen Wohnungsbau errichtet werden muss und darüber hinaus mindestens ein Baugrundstück für einen klassischen Mietwohnungsbau mit ebenfalls mindestens vier Mieteinheiten vorgesehen werden muss. Die Lage der jeweiligen Grundstücke ist im Bebauungsplan zu definieren.

Die Realisierung des Bauvorhabens kann dabei durch die städtische Wohnungsbaugesellschaft oder einen privaten Investor, der sich über städtebauliche Verträge an die Vorgaben binden muss, nach Durchführung eines Interessensbekundungsverfahrens erfolgen.

Aufgrund dieser Basis soll dann ein „Merziger Modell“ erarbeitet werden, dass auf die Lage im ländlichen Raum angepasst ist und möglicherweise auch beispielhaften Charakter für andere Kommunen im Landkreis oder der ländlichen Region im Saarland haben kann.

Diese Festsetzungen sind parallel auch auf private Wohngebietsentwicklungen zu übertragen.

 

  1. Initiativen im Bestand:

Bereits im Mai 2019 hat der Merziger Stadtrat ein Konzept zur Entwicklung der ländlichen Stadtteile verabschiedet, das gemeinsam mit den Fraktionen im Stadtrat erarbeitet wurde.

Um dem demografischen Wandel entgegenzuwirken und Anreize insbesondere für jüngere Menschen zu setzen, hat die Kreisstadt Merzig den Projektbeirat zur Förderung der Dorfentwicklung gegründet. Dabei wurden Ziele für die dörfliche Weiterentwicklung formuliert. Im Ergebnis ist eine 6-Säulenstrategie erarbeitet worden. So werden die Themen „Neubaugebiete“ und „Baulückenaktivierung“ ebenso wie die Bereiche „Revitalisierung von Leerständen“ sowie „second-hand Bauland“ behandelt. Darüber hinaus finden aber auch die „innerörtliche Neuordnung“ und die „strategische Ausrichtung bei Sanierungsgebieten“ in dem Konzept Berücksichtigung.

Im Rahmen von Dorfentwicklungskonzepten stellt die Schaffung von Wohnraum einen wichtigen Baustein dar, um die Stadtteile lebenswerter und zukunftssicherer zu machen. Dabei wird aber auch die Problematik der zunehmenden Leerstände berücksichtigt, um einem möglichen Verödungsprozess in den Kernbereichen der Orte aktiv entgegenzuwirken. Somit werden insbesondere die Ortskerne als gesellschaftliches und soziales Zentrum gestärkt.

Darüber hinaus ist mit den noch zur Verfügung stehenden Flächen sparsam umzugehen. So ist die Erschließung von neuen Siedlungsbereichen mit einem massiven Flächenverbrauch und hohen Kosten verbunden. Vor diesem Hintergrund ist ein weiteres wichtiges Ziel, bereits erschlossene Baulücken zu aktivieren, Leerstände wieder mit Leben zu füllen und innerörtliche Flächenpotenziale für eine Wohnbebauung zu erschließen. Dadurch soll letztendlich die Neuausweisung von Baugebieten auf der „grünen Wiese“ reduziert werden.

Auch hierbei sind einzelne Bausteine des Konzeptes mit den angekündigten Fördermöglichkeiten des Ministeriums für Inneres, Bauen und Sport kombinierbar.

 

  1. Weitere Initiativen:

Um einen fachlichen Austausch zum Thema „bezahlbarer Wohnraum“ zwischen den unterschiedlichen Interessensgruppen (z.B. Stadtteilvertreter, Experten aus dem Bereich der Architektur, Vertreter der Bauwirtschaft, Investoren etc.) zu initiieren, wird die Stadtverwaltung eine Veranstaltung organisieren, die konkrete Initiativen, Prozesse und innovative Projekte für mehr bezahlbaren Wohnraum entwickeln soll. In diesem Diskussionsprozess sollen auch Aspekte des umwelt- und klimagerechten Bauens Beachtung finden.

 

 

 

 

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Anlagen

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