22.09.2022 - 13 Einschlagstopp in älteren Buchenmischwäldern in...

Beschluss:
geändert beschlossen
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Fraktionsvorsitzender Borger (Bündnis 90/Die Grünen) führt aus, seit Jahren befasse man immer wieder den Stadtrat mit dem Ziel, einen schonenden Umgang mit dem Stadtwald zu erreichen. Als Begründung für die Ablehnung vieler Anträge werde oft das Forstgutachten von 2017 bemüht - Was Forste wolle und Gewinnmaximierung verspreche. Herr Borger führt einige Punkte der neuen Strategie auf: Aufgabe der Zertifizierung nach Naturland, um freier zu wirtschaften - das Ergebnis sehe man oft; Einbringen nicht-heimischer Nadelholzarten durch Pflanzung – diese würden deutschlandweit gerade absterben - Laubholzeinschlag auch im Sommer, er sage nur Naturschutz und Holzverwendung; Herausnahme sehr guter Laub-holzbestände aus Naturentwicklungsflächen; schwerste Großmaschinen für den Wald, um noch rationeller zu wirtschaften. Dieser Vorschlag sei glücklicherweise nicht umgesetzt worden. Bürgerproteste aussitzen sei ein ausdrücklicher Vorschlag gewesen. Der Großwald bei Merchingen oder andere klassisch bewirtschaftete Forstbetriebe zeigten, wohin es führe, wenn man weiter vorrangig Erträge erwirtschaften wolle. Herr Borger erinnert daran, dass er im Jahr 2017 vergeblich vor dem großflächigen Heißschlagen des Waldes gewarnt habe. 2020 seien die erstem großflächigen Absterbeprozesse beobachtet und im Reflex sei erneut das Kronendach weiter geöffnet und einer Verkehrssicherungspflicht nachgekommen worden. Der Bürgermeister habe nun reagiert und ein Betretungsverbot für einzelne Waldbereiche ausgesprochen. Verkehrssicherheit gehe also auch ohne den Einsatz von schweren Maschinen und der Motorsäge. Die einzige Konsequenz aus den dramatischen Entwicklungen im Stadtwald könne nur sein, das Mikroklima gerade in den älteren Buchenmischwäldern zu schützen und die ökologischen Ansprüche der Baumarten zu berücksichtigen, anstatt diese weiter forstlich zu nutzen. Im Koalitionsvertrag der Ampelregierung stehe auf Seite 39 folgendes: „Wir stoppen den Einschlag in alten, naturnahen Buchenwäldern im öffentlichen Waldbesitz“. Nachdem in den letzten Jahren intensiv alte Buchen aus dem Stadtwald herausgeschlagen worden seien, sei heute ein Buchenmischwald in Merzig mit einem durchschnittlichen Alter von 90 Jahren bereits alt. Dann beginne die sogenannte Reifephase eines Waldes. Man hoffe, dass die überall sichtbaren Schäden im Stadtwald nun zu einem Umdenken führen würden. Dass ein Umdenken wirke, zeigten die Waldbetriebe, die anders wirtschafteten, teilweise auf Böden, die noch anfälliger für Dürre sind, als die in Merzig. Die Schäden, die damals in den Wäldern beklagt wurden, kenne man dort nicht. Seit Anfang 2000 setze man konsequent das Klimawaldprogramm um, wie sanfte Waldarbeiten, Reduzierung der Einschlagszahl, ältere Laubwälder geschlossen halten etc. Der kranke Stadtwald brauche zunächst Ruhe und eine besonders fürsorgliche Hand, eine deutliche Reduzierung der Einschlagzahl - Herr Borger nennt ein Ziel von 50 % der bisherigen Menge - und die Konzentration auf die ohnehin sterbenden Nadelbaumforste; den Waldwandel in den Wäldern behutsam unterstützen; ältere Wälder schonen; größere Waldschutzflächen ausweisen; waldboden- und waldschonende Arbeitsverfahren; Verbesserung des Waldklimas und des Landschaftswasserhaushalts. Der zentrale Punkt sei ein an die Klimakrise angepasster Waldschutzplan als Ersatz für den existierenden Forstnutzplan, der weitere Ziele verfolge, als gäbe es keine Klima- und keine Waldkrise. Schließen wolle Herr Borger mit einem Satz aus der Grundsatzanweisung der Rheinland-Pfälzischen Landes-Forstverwaltung, die vor wenigen Wochen eine radikale Kehrtwende in der bisherigen Praxis hingelegt habe: „Aufgaben können regelmäßig nicht mit den Mitteln gelöst werden, die mit der Entstehung der zu lösenden Probleme in engem Zusammenhang stehen.“ Wenn man in Merzig dem Wald in dieser schwierigen Krise helfen wolle, bedürfe es jetzt verantwortlicher Entscheidungen.

Der Vorsitzende betont, unabhängig von der Art und Weise, wie im Wald gearbeitet wurde oder werde, gebe es leider überall Waldschäden. Er wolle einen Vorschlag zum vorliegenden Antrag machen. Man habe eine Waldbegehung terminiert, die bald stattfinde. Man wolle den Mitgliedern des Stadtrates zeigen, wie sich die Situation im Merziger Wald darstelle, wolle diskutieren, welche Konsequenzen diese Situation habe, auf der Basis des Waldbegangs. Dies gelte nicht nur für die Buchen, wie es im Antrag der Grünen-Fraktion stehe, sondern man wolle das für alle Bäume des Waldes. Es seien alle Bäume betroffen. Daher schlage der Vorsitzende vor, dass man bis zur Waldbegehung nur im Rahmen von Durchforstungsmaßnahmen im Laubwald einschlage, und zwar so, dass man die heimische Wirtschaft weiter bedienen und die vertraglichen Vereinbarungen auch einhalten könne. Weitere Einschläge solle es bis dahin nicht geben und alles Weitere wolle man auf Basis der Ortsbegehung besprechen.

Fraktionsvorsitzender Auweiler bekräftigt, die CDU-Stadtratsfraktion werde dem Vorschlag der Verwaltung zustimmen. Dass die Stadtverwaltung bzw. der Stadtrat hier in den letzten Jahrzehnten auf Gewinnmaximierung ausgewesen seien, wolle er nicht so stehen lassen. Man habe immer eine nachhaltige Bewirtschaftung gemacht mit mehr Zuwachs. Er glaube, die Ortsvorsteherinnen und Ortsvorsteher wüssten auch, dass man wohnortnahe Erholungsgebiete brauche. Der Bürgermeister habe sehr deutlich zum Ausdruck gebracht, dass man hier dramatische Veränderungen habe, nicht nur im Stadtwald, sondern überall. Er sei dafür, dass man das Besprochene auf andere Baumarten ausweiten solle. Bezüglich des Baumalters und wie man zukünftig mit notwendigen Verkehrssicherungsmaßnahmen umgehen müsse, würde sich nach dem Waldbegang sicher noch klären. Die CDU-Fraktion wolle nach wie vor, dass die Bürgerinnen und Bürger in den Wald gehen könnten. Der Wald müsse erlebbar und begehbar sein. Man wolle hier zu einem Ergebnis kommen. Die beiden Förster, aber auch die Personen, die in der Verwaltung arbeiteten, liebten den Wald, und hätten sicher nicht den Klimaschutz und den Klimawandel ignoriert. Für den Termin des Waldbegangs fragt Herr Auweiler nach einem Ersatztermin.

Der Vorsitzende sagt zu, dass man einen entsprechenden Termin kommunizieren werde.

Fraktionsvorsitzender Borger (Bündnis 90/Die Grünen) erwidert, es gehe im Antrag nicht um den Buchenwald, sondern einen Buchenmischwald. Zu einem guten Mischwald gehörten alle Laub- und Nadelbaumarten. Er betont, es gebe einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Art der Bewirtschaftung und den Schäden. Der Wald stehe insgesamt unter Stress. Buchen bräuchten es schattig und dunkel. Stelle man diese plötzlich frei, brauche man sich nicht zu wundern, wenn es bei extremen Witterungsverhältnissen Schäden gebe. Er spreche erneut eine Einladung auch an den Stadtrat aus, sich in den anderen Wäldern die Bewirtschaftung anzuschauen. Dort würden diese Konzepte schon länger umgesetzt. Das sei keine Kritik an den Merziger Förstern. Diese arbeiteten die bisherigen Forstwirtschaftspläne ab. Diese und die Forsteinrichtung lägen Jahre zurück.

Der Vorsitzende fragt, ob die Grünen-Fraktion bereit wäre, dem Kompromissvorschlag zuzustimmen.

Fraktionsvorsitzender Hackenberger (DIE LINKE) unterstützt den Kompromissvorschlag des Vorsitzenden. Er rege zudem an, aufgrund der Jahreszeit einen gemeinschaftlichen Termin samstags oder sonntags zu machen. Dann könne man sich zuerst den anderen Wald mit dem Fraktionsvorsitzenden Borger (Bündnis 90/Grüne) ansehen, im Anschluss dann den Stadtwald. Somit habe man alles an einem Tag erledigt. Es gehe nicht darum, wer Recht habe und wer nicht. Man wolle den Wald retten.

Ratsmitglied Manfred Klein (CDU) sieht keine rationalen Gründe, den Antrag abzulehnen. Auf der anderen Seite sei keine Eile geboten. Er frage den Antragsteller daher, ob es möglich sei, die Reihenfolge Besichtigung, Faktenlage und dann Beschluss einzuhalten. So komme keiner in die Verlegenheit, an der falschen Stelle die Hand zu heben.

Der Vorsitzende bestärkt, alle seien sich einig, darum wäre es gut, einen einheitlichen Termin zu erreichen, sodass alle mit gleichem Wissensstand abstimmen könnten.

Fraktionsvorsitzender Borger (Bündnis 90/Grüne) betont, es sei Eile geboten. Im Oktober beginne die Erntezeit, sie ende im März. Der Antrag seiner Fraktion sei nicht mehr als ein Moratorium. Man fordere, die Finger von den alten Wäldern zu lassen, um zu verhindern, was im Großwald passiert sei.

 

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Beschluss 1:

Der Stadtrat Merzig beschließt vor dem Hintergrund der dramatischen Schäden gerade in älteren Buchenmischwäldern einen Einschlagsstopp in Beständen mit einem mittleren Bestandsalter von 90 Jahren, um ein weiteres Heißschlagen mit den bereits erkennbaren dramatischen Auswirkungen auf die Vitalität des Waldes zu verhindern. Entsprechende Infos (Hauptbaumarten und Bestandsalter) ergeben sich aus dem aktuell gültigen Forsteinrichtungswerk.)

 

Beschluss 2:

Bis zur noch mit allen Fraktionen terminlich zu vereinbarenden Waldbegehung wird nur im Rahmen von Durchforstungsmaßnahmen im Laubwald eingeschlagen, um die heimische Wirtschaft weiter bedienen und vertragliche Vereinbarungen einhalten zu können. Sonst soll es keine weiteren Einschläge geben.

 

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Abstimmungsergebnis zu Beschluss 1:

 

Ja-Stimmen

Nein-Stimmen

Enthaltungen

4

5

17

 

Abstimmungsergebnis zu Beschluss 2:

 

Ja-Stimmen

Nein-Stimmen

Enthaltungen

25

0

1

 

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Anlagen zur Vorlage